Ich habe Euch mal einen Bericht darüber erstellt wie wir unsere Kläranlage einen halben Tag außer Betrieb genommen haben. Eine (zum Glück) nicht alltägliche Situation.
Bericht zum Umbau der Rückschlammleitung im Belebungsbecken
Ende 2016 haben wir bei der Reparatur eines Rührwerks im Denitrifikationsbecken 3 eine beunruhigende Entdeckung gemacht. Beim Entleeren des Beckens stellten wir fest, dass über die Rücklaufschlammleitung Belebtschlamm nachfließt. Woher kommt jedoch dieser Schlamm? Die Verbindung von den Nachklärbecken war durch geschlossene Schieber unterbrochen.
Daher kurz eine Erläuterung des Aufbaus unserer Belebungsbecken. Wir haben zwei Becken mit je 1900m³ Volumen, wovon im ersten Becken ca. 800m³ unbelüftet und ca. 1100m³ belüftet sind, und im zweiten Becken vollständig belüftet wird. Diese Becken können normalerweise einzeln außer Betrieb genommen werden. Des Weiteren haben wir noch zwei DN-Becken mit je 360m³ und zwei Nachklärbecken mit je 3700m³ sowie einen ehemaligen Klärschlammspeicher mit 2000m³.
Was war passiert?
Der Rücklaufschlamm wurde bei uns in einer Leitung von den Pumpen weggeführt und dann jeweils in ca. 1,5 m Höhe über dem Boden in die Becken und an der Stirnseite mittig bis zur Wasseroberfläche (ca. 4,5 m Höhe) geführt. Beim Entleeren des ersten Beckens stellten wir dann eine Undichtigkeit im Bereich einer Rohrverbindung fest. Da wurde uns klar was geschehen war. Auch die Leitung im Becken zwei hatte eine Undichtigkeit, wahrscheinlich an der gleichen Stelle. Dadurch konnte das Wasser vom einen Becken in das zweite Becken drücken.
Um den Zustand und den Schaden genau festzustellen wurde ein Tauchunternehmen beauftragt. Der Taucher der Fa. Umwelttauchservice Tauchpartner C. Ulrich GmbH aus Wien konnte jedoch auf Grund starker Korrosion keine Schäden feststellen und auch keine Reparatur mit Hilfe eines Tauchers vorschlagen.
Damit blieb nur eine Option. Beide Becken zeitgleich entleeren. Das kommt einer Außerbetriebnahme des Klärwerks gleich. Die einhellige Meinung aller Betroffenen war im ersten Moment: Das geht nicht.
Was konnten wir tun?
Wir hatten zwei Belebungsbecken mit zusammen rund 3800 m³ Belebtschlamm und einen Abwasserzufluß von rund 5000 m³ in 24 h zu bewirtschaften. Da wir zwei Nachklärbecken haben, welche jedes für sich den Inhalt der Belebungsbecken aufnehmen kann, war schnell klar, dass wir ein Nachklärbecken entleeren und das Belebtschlammwasser umpumpen.
Was macht man jedoch mit 5000 m³/d mechanisch gereinigtem Abwasser?
Da kam uns die Idee mit unserem leeren Klärschlammspeicher. Dieser fasst 2000 m³ und mit den Denitrifikationsbecken 1 und 2 mit je 360 m³ konnten wir 2720 m³ speichern, was in etwa einem halben Tag Zulauf entspricht. Daraus ergab sich das wir in 12 Stunden zwei Becken mit insgesamt 3900 m³ leeren und je Becken eine Rohrleitung reparieren oder erneuern mussten.
Wie sah nun die Lösung aus?
Wir legten fest, dass wir eine neue Rohrleitung oberirdisch am Becken entlang aufbauen, was den Vorteil hat das wir die Leitung vorab herstellen konnten und in Zukunft die Abgänge in die einzelnen Becken separat abschiebern können. Somit mussten am wir am Tag X nur in jedem Becken die alte Rohrleitung entfernen und die Wanddurchführung verschließen. Im Pumpwerk musste die neue Leitung mit der bestehenden Rückschlammleitung verbunden werden. Unser beauftragter Rohrleitungsbauer sicherte uns zu mit zwei Teams gleichzeitig zu arbeiten und nicht mehr als 8 h zu benötigen. Damit hatten wir für das entleeren der Becken rund 4 h Zeit.
Umsetzung.
4-1 Woche vor dem Umbau wurde die neue Rückschlammleitung durch die Fa. EC-Tec aufgebaut. In der Woche vor dem Tag X wurden vom Klärwerkspersonal die DN-Becken 1 und 2 und das Nachklärbecken 1 entleert und das Pumpwerk für den Zulauf in den Klärschlammspeicher aufgebaut. Das Pumpwerk hatte eine maximale Förderleistung von rund 150 l/s. Am 4.9.2017 wurde dann anhand des Wetterberichts die Freigabe für die Aktion erteilt. Der 5.9.2017 stand im Zeichen der Vorbereitung. Die Fa. Wiesbauer stellte zwei mobile Kräne auf, das THW baute mit 8 Tauchpumpen das Pumpwerk für die Entleerung der Belebungsbecken auf und die Fa. EC-Tec bereitete ihre Werkzeuge und Maschinen vor.
Tag X der 6.9.2017.
Nachts um 01.00 Uhr wurden die Belebungsbecken außer Betrieb genommen und mit dem umpumpen von 3900 m³ Belebtschlammwasser begonnen. Mit Sonnenaufgang gegen 06.00 Uhr begann dann der Abbau der alten Rohrleitungen und der Anschluss der neuen Rohrleitung an die bestehende Rücklaufschlammleitung. Dazu wurden mit einem Mannkorb am ersten Autokran zwei Arbeiter ins Becken hinabgelassen und der Zweite Kran hob die abgebaute alte Leitung heraus. Die Wanddurchführungen wurden mit einem Rohrpfropfen und einem Edelstahlblech verschlossen. Nach rund 10 Stunden konnte das erste Belebungsbecken und rund zwei Stunden später auch das zweite Becken wieder in Betrieb genommen werden.
Fazit.
Wir erstellten einen detaillierten Ablauf- und Zeitenplan der sich als sehr hilfreich erwies. Jeder konnte sich auf die Umsetzung konzentrieren und musste nicht noch überlegen ob was vergessen wurde. Wir waren am Ende des Umbaus alle sehr erleichtert das alles Reibungslos und ohne Unfälle genauso abgelaufen ist wie vorgesehen.
Unser Dank gilt allen Beteiligten
THW Backnang für das umpumpen von rund 3900 m³ Belebtschlammwasser
Fa. Wiesbauer Autokrane für das erleichtern der schweren Hebearbeiten
Fa. EC-Tec für den Rohrleitungsbau und die Demontage der alten Leitungen
Klärwerke Winnenden und Weinstadt für das bereitstellen von Pumpen und Schläuchen
Mitarbeiter des Verbandsklärwerks
Diese Aufgaben sind der Grund warum dieser Beruf so interessant ist. Man hat Abwechslung, auch mal etwas im organisatorischen Bereich, etwas was herausfordert und das Verständnis für die Abläufe in einem Klärwerk aufzeigt.
Schaden benennen, Lösung erarbeiten und den Schaden beheben. Manchmal eben etwas aufwändiger.
Reparierende Grüße
Thomas Kühner